Von Sevilla nach Lissabon: Abschiede, Neuanfänge und die Herausforderungen des Reisens
- Patrick Vosen
- 31.10.2024
22.4.2024
Es ist der 22. April 2024, und mein Herz ist schwer. Nach einer wundervollen Woche mit Alicia in Spanien ist der Tag des Abschieds gekommen. Wir sitzen in einer kleinen Churros-Bar in Sevilla und frühstücken ein letztes Mal zusammen. Natürlich wieder getoastetes Brot mit Tomaten. Aber ich schmecke kaum etwas - zu sehr beschäftigt mich der bevorstehende Abschied.
Eine Woche voller Erinnerungen
Die vergangenen Tage waren wie ein Traum: Der spontane Auftritt beim Open-Mic in Madrid, das lebendige Stadtfest in Trebujena, unsere Ausflüge nach Rota und die Erkundung Sevillas. Alicia, ihre Familie und ihre Freunde haben mich mit einer Herzlichkeit aufgenommen, die ich nie vergessen werde. Doch wie so oft beim Reisen kommt irgendwann der Moment des Abschieds.
Nach dem Frühstück checken wir aus dem Hostel aus. Mitten auf dem Weg zu ihrem Auto fällt uns auf, dass Alicia meine Schlafmaske in ihrem Bett vergessen hat. Wir laufen nochmal zurück und die Rezeptionisten gibt mir den Schlüssel für das Zimmer. Vielleicht ist es das Schicksal, das uns diese zusätzlichen Minuten schenkt. Am Auto angekommen, umarmen wir uns lange. Sie muss zurück nach Madrid, wo am späten Nachmittag ihre Klavierschüler warten. Ich schaue ihrem Auto nach, bis es um die Ecke verschwindet, dann mache ich mich auf den Weg zum Busbahnhof. Mein nächstes Ziel: Lissabon.
Die Herausforderungen der Reiseplanung
Während der Busfahrt kreisen meine Gedanken um die kommenden Wochen. Der Sommer naht, und damit auch die Hochsaison in Südeuropa. Mit einem täglichen Budget von 60 bis 70 € wird es schwierig werden, längere Zeit in dieser Region zu bleiben. Zeit für Plan B: Workaway.
Vor einer Woche habe ich mir ein Profil auf der Plattform erstellt, die Reisende mit lokalen Gastgebern verbindet. Das Konzept ist einfach: Du arbeitest 20-25 Stunden pro Woche - sei es auf einem Bauernhof, in der Kinderbetreuung, als Sprachlehrer oder in einem Hostel. Im Gegenzug bekommst du eine Unterkunft und im besten Fall auch Mahlzeiten.
Meine bisherigen Erfahrungen sind allerdings ernüchternd. Besonders die Suche nach einem Platz auf einem Segelboot gestaltet sich schwierig. Eine italienische Familie auf einem Ökohof mit Kindern und Hund meldet sich, aber die Kommunikation versandet. Ein deutscher Gastgeber auf Gran Canaria zeigt Interesse, kann aber wegen familiärer Umstände kein konkretes Datum nennen.
Zwischen allen Möglichkeiten
Parallel suche ich auf “Hand gegen Koje” nach Bootsführern, die mich gegen Mithilfe mitnehmen würden. Ein vielversprechender Kontakt bietet eine zweimonatige Reise von Spanien nach Griechenland an. Doch auch hier zerschlagen sich die Pläne - er entscheidet sich für jemanden, der nur einen Monat mitreist. Zwar fragt er, ob ich nach dem Monat dazukommen möchte, aber er weiß nicht genau, wann das sein wird und wo. Na toll.
Die Planungsunsicherheit ist eine der größten Herausforderungen meiner Reise. Alles scheint möglich und gleichzeitig unmöglich. Oft muss ich Entscheidungen treffen, deren Richtigkeit sich erst im Nachhinein zeigt.
Ein Lichtblick: Die Ukulele-Community in Portugal
Während die Reiseplanung stockt, gibt es erfreuliche Entwicklungen in der Ukulele-Welt. Zunächst war ich überrascht, wie schwer es ist, Ukulele-Communities in Portugal zu finden - ausgerechnet in dem Land, aus dem die Ukulele ursprünglich stammt. Das Cavaquinho, ein dem Ukulele sehr ähnliches 4-saitiges Instrument, ist hier zuhause. Abstammen tut die Ukulele jedoch von einem anderen Instrument - davon im nächsten Blogeintrag mehr!
Nach einiger Recherche werde ich jedoch fündig: Carlos, ein Ukulelelehrer in Lissabon, lädt mich zu seinem Unterricht ein. Aus Coimbra meldet sich Mira vom “Ukulele Social Club”, die zufällig auch diese Woche in Lissabon ist. Und als wäre das nicht genug, ist auch mein Freund Alex aus London, den ich in Thailand kennengelernt habe, mit seiner Ukulele in der Stadt!
Ankunft in Lissabon
Die Einfahrt nach Lissabon ist atemberaubend. Die Stadt, auf sieben Hügeln erbaut, erstreckt sich majestätisch am Tajo-Fluss. Die lange Brücke führt uns ins Stadtzentrum, wo ich meinen Weg zur Metro suche. Mein Ziel ist Almada, auf der anderen Seite des Flusses, wo mein alter Freund Philip wohnt.
Die Überfahrt mit der Fähre von Cais do Sodre nach Cacilhas wird zum Highlight des Tages. Der Sonnenuntergang taucht die Stadt in goldenes Licht, während ich in einem Café auf Philip warte, der noch beim Bachata-Unterricht ist.
Ein Wiedersehen nach drei Jahren
Um 23:30 Uhr holt Philip mich ab. Wir haben uns seit unserer gemeinsamen Zeit als Sprachassistenten für das Goethe-Institut in der Ukraine nicht mehr gesehen. Covid hatte uns damals getrennt. Wir waren damals gemeinsam auf Tour durch die Ukraine und mussten dann plötzlich ins Home Office - er in Kyjiw, ich in Saporischschja. Jetzt, drei Jahre später, sitzen wir bis 2 Uhr morgens in seiner WG-Küche, essen Pasta und haben uns unendlich viel zu erzählen.
Am nächsten Tag passiert nicht viel. Philip muss zur Uni und ich schaue mir ein wenig die Innenstadt an. Am Abend treffe ich mich mit seiner ukrainischen Mitbewohnerin. Wir gehen indisch essen und unterhalten uns etwas auf Ukrainisch. Sie ist Copywriterin und arbeitet sehr viel mit sozialen Medien. Sie ist ziemlich gestresst und ich bin etwas froh, dass ich mich vor der Reise von meinen Social-Media-Accounts getrennt habe.
Morgen warten zwei spannende Ukulele-Treffen auf mich: mittags mit Carlos und seiner Gruppe, abends mit Mira. Während Philip noch eine Folge Dexter schaut, ziehe ich mir die am Morgen gerettete Schlafmaske über die Augen. Der Tag war lang, aber ich kann es kaum erwarten, morgen wieder mit anderen Menschen Ukulele zu spielen.
Ein besonderer Dank geht an Alicia und ihre Familie für die wundervolle Zeit in Spanien. Ich werde eure Gastfreundschaft nicht vergessen!