Startschwierigkeiten
- Patrick Vosen
- 27.4.2024
10.4.2024
Der erste Tag in Paris war ein voller Erfolg. Paris ist schöner als ich es mir vorgestellt habe und ich bin begeistert von der Ukulele-Community vor Ort. Ich bin froh, dass ich mich auf die Reise gemacht habe. Die erste Nacht im Hostel war unruhig, weil die anderen im Zimmer spät nach Hause kamen und miteinander redeten. Das finde ich nicht in Ordnung, wenn es schon nach Mitternacht ist. Trotzdem habe ich gute Laune und setze mich in die Rooftop-Bar des Hostels. Ich schreibe die Erlebnisse der letzten Tage in mein Tagebuch, was mehr Zeit in Anspruch nimmt als ich dachte. Anschließend schreibe ich Carine, Mathias und Helene und bedanke mich für den schönen Ukuleleabend am Vortag. Helene lädt mich dazu ein, mit ihr am Freitag zu einem Ukuleleklub in Südfrankreich zu fahren. Nach einiger Recherche muss ich ihr jedoch absagen. Die Fahrt ist zu teuer und es gibt kein preiswertes Hostel in der Gegend. Deshalb entschließe ich mich für die Weiterfahrt nach Toulouse, bis es dann weiter nach Spanien geht.
Spaziergang auf dem Friedhof
Ich sitze insgesamt 5 Stunden in der Bar, schreibe und plane, bis ich mich erschöpft zurücklehne. Die ganze Planerei bin ich gar nicht mehr gewöhnt. Es wird etwas Zeit dauern, bis ich mich an den Reisealltag gewöhne. Ich öffne Carines Nachricht mit Tipps für meinen Parisaufenthalt. Sie schlägt mir unter anderem den Père Lachaise-Friedhof und den Aussichtspunkt im Parc de Belleville vor. Nach einer kurzen Siesta im Zimmer mache ich mich auf den Weg. Das Wetter ist sehr wechselhaft. Trotzdem gehe ich zu Fuß. Der Friedhof ist der größte von Paris und sehr beeindruckend. Etwa eine Million Menschen wurden hier beerdigt. Die Grabstätten unterscheiden sich sehr. Manche sind groß und prächtig, die anderen eher bescheiden und klein. Unter den Grabmälern finden sich auch die von sehr prominenten Persönlichkeiten, wie z.B. Oscar Wilde, Frédéric Chopin oder Jim Morrison! Deren Gräber sind recht klein. Vor allem im Vergleich mit viel größeren Gräbern von Personen, die mir nichts sagen. Ich bekomme das Gefühl, dass sich gewisse Leute nach dem Tod größer machen wollten als sie im wirklichen Leben waren.
Irgendwann habe ich genug vom Friedhof und laufe weiter zum Parc de Belleville, wo ich den schönen Ausblick genieße. Carine schreibt mir, dass man in der Gegend gut asiatisch Essen gehen kann. Also suche ich mir einen Chinesen und stärke mich mit einer Suppe. Die Reise ist erst zwei Tage alt und ich habe schon so viel erlebt wie Zuhause in zwei Wochen nicht. Im Anschluss rufe ich eine gute Freundin aus der Ukraine an und wir sprechen eine Stunde lang. In letzter Zeit spreche ich wieder öfter mit Freunden übers Telefon. Das Schreiben über Messenger ist immer so langatmig, anstrengend und vor allem unpersönlich. Im Anschluss gehe ich zum Hostel zurück, lese etwas über Minimalismus und lege mich schlafen.
Mit der Ukulele zum Eiffelturm
Den nächsten Morgen starte ich mit 20 Minuten Sitzmeditation im Bett. Es ist schwierig, in Hostels einen ruhigen Moment zu finden. Danach gehe ich hinauf in die Bar und schreibe an meinem Blog. Diesmal habe ich nicht so viel Zeit, weil ich um 11 Uhr auschecken muss. Zwar bleibe ich bis morgen in dem Hostel. Aber da mein Zimmer für die heutige Nacht ausgebucht ist, muss ich umziehen. An der Rezeption gibt man mir eine neue Zimmerkarte und ich verstaue meinen Rucksack im Schließfach meines Zimmers. Ich kaufe ein belegtes Baguette beim Bäcker vor der Tür und fahre mit der Metro in Richtung Eiffelturm - mit dabei natürlich meine Ukulele!
Ich steige ein paar Stationen früher aus. Auf dem Weg zum Eiffelturm erblicke ich den Invalidenpalast und entschließe mich, einen kleinen Umweg zu machen. Ich rufe meinen Freund Moritz an, der mit seiner Familie und seinem Kleinkind gerade am Nordseestrand ist. Moritz ist ein Frankreichliebhaber. “Du musst dir unbedingt die Krypta Napoleons anschauen. Sie ist echt spannend, aber die Franzosen haben schon ein komisches Verhältnis zu Napoleon.” Also schaue ich mir wieder ein Grab an. Moritz hat recht. Der Sarkophag im Untergeschoss ist massiv und enthält fünf ineinander geschachtelte Särge. 12 Viktorien, die Napoleons militärische Siege darstellen sollen, schützen Napoleon auch nach dem Tode. Das wirkt alles etwas zu pompös. Napoleon ist allerdings auch in der französischen Gesellschaft sehr umstritten. Vor allem die in Kauf genommenen hohen menschlichen Verluste im Krieg und die Wiedereinführung der Sklaverei werden kritisiert. Auf der anderen Seite stehen die Einführung des Zivilgesetzbuches Code Civil und die Schaffung wichtiger Institutionen und Reformen.
Letztendlich wurde er auf eine Insel verbannt und ist einsam verstorben, denke ich und verlasse die Krypta. Das Museum hat nicht so viel zu bieten, weshalb ich schon bald meinen Weg zum Eiffelturm fortsetze. Schon aus der Ferne bringt mich der Blick auf das Pariser Wahrzeichen zum Staunen. Aufgrund der frühen Jahreszeit ist nicht so viel los. Ich entscheide mich trotzdem gegen einen Aufstieg. Dafür ist mir der Preis einfach zu hoch. Ich mache ich ein Selfie mit meiner Ukulele und nehme ein Video für meine Ukulele-Lehrer auf Hawaii auf - mit dem Eiffelturm im Hintergrund.
Ich gehe zum Arc de Triomphe, um einen schönen Blick auf die Stadt zu bekommen. Fast komme ich nicht an der Security vorbei. Das Mitnehmen von Musikinstrumenten ist eigentlich verboten. Aber für meine Reiseukulele machen sie heute eine Ausnahme. Nur Spielen soll ich auf ihr nicht! Der Ausblick von dort oben ist wirklich atemberaubend. Ein großer Vorteil ist, dass man von dort aus gut den Eiffelturm sieht. Auf dem Eiffelturm selbst sieht man ihn nicht - logisch. Den Tipp hat mir eine Freundin aus Wien gegeben. Der Arch de Triumph wurde einst von Napoleon I. in Auftrag gegeben, um seine Siege zu feiern. Mittlerweile befindet sich unter dem Triumphbogen das Grabmal des unbekannten Soldaten und soll den Toten erinnern, die nie identifiziert wurden.
Willkommen im Ukulelen-Paradies
Heute Abend trifft sich der Ukuleleklub Rendev’uke. Da ich noch etwas Zeit habe, entscheide ich mich für einen Umweg in ein Gitarrengeschäft. Mathias hat mir den Tipp gegeben. Diesmal fahre ich mit der Metro die paar Haltestellen bis zur Station “Europe”, wo sich der Laden befindet. Er sollte eine große Auswahl an Ukulelen haben. Zuerst betrete ich etwas schüchtern das Geschäft. Aber dann komme ich mit einem Verkäufer ins Gespräch, der ein großer Ukuleleliebhaber ist. Ich erzähle ihn von den Ukuleleklubs in der Stadt und er ist ganz verwundert, was es alles in Paris gibt. Daraufhin drückt er mir die besten und teuersten Ukulelen in die Hand, die das Geschäft zu bieten hat. Darunter befinden sich japanische Varianten von Kiwaya sowie eine Kawaka-Ukulele aus Hawaii. Der Import von der Insel dauert mindestens 6 Monate. Ca. 1,5 Stunden zupfe ich auf den Instrumenten herum, die über 2.000 € kosten. Zum Abschied kaufe ich ein Gitarrenstimmgerät und verabschiede mich.
Jetzt muss ich mich ein bisschen beeilen, um rechtzeitig zu meinem Rendev’uke zu kommen!