Die Geschichte der Ukulele - Von Madeira nach Hawaii

Die Geschichte der Ukulele - Von Madeira nach Hawaii

Während meiner Reise durch Portugal ist mir etwas Faszinierendes aufgefallen: Das Land, aus dem die Ukulele ursprünglich stammt, hat heute kaum noch eine aktive Ukulele-Community! Dabei begann hier eine der spannendsten Geschichten der Musikgeschichte - die Geschichte der Ukulele.

Eine Reise voller Hoffnung

Es war das Jahr 1879, als die Ravenscrag nach einer viermonatigen Reise in den Hafen von Honolulu einlief. An Bord befanden sich 423 Menschen aus Madeira, die der Armut ihrer Heimat entflohen, um auf den Zuckerrohrplantagen Hawaiis ein neues Leben zu beginnen. Unter ihnen war João Fernandes, der bei der Ankunft vor lauter Dankbarkeit über die sichere Überfahrt ein Erntedanklied anstimmte. In seinen Händen hielt er ein kleines viersaitiges Instrument - die Machete. Die Hawaiianer waren von diesem neuartigen Instrument sofort fasziniert.

Manchmal braucht es nur einen mutigen Menschen mit einem Instrument, um Geschichte zu schreiben.

Skizze der Ravenscrag von 1898

Skizze der Ravenscrag von 1898 (Butler, Public domain, via Wikimedia Commons)

Die Geburtsstunde der Ukulele

Unter den Passagieren befanden sich auch drei Tischler, die die Musikgeschichte für immer verändern sollten: Manuel Nunes, Augusto Dias und José do Espírito Santo. Sie begannen in Honolulu, Instrumente zu bauen, die die Eigenschaften der portugiesischen Machete und des Rajão vereinten. Interessanterweise dauerte es ganze 10 Jahre, bis die erste Ukulele schriftlich erwähnt wurde. Wer sie letztendlich erfunden hat, bleibt bis heute umstritten.

Bild von Manuel Nunes
Manuel Nunes

Das Schicksal meinte es nicht mit allen drei Instrumentenbauern gut: Santo gab sein Geschäft bereits 1900 auf, Dias verlor seines bei einem verheerenden Brand. Nur Nunes baute weiter Ukulelen und gab sein Wissen an die nächste Generation weiter. Einer seiner Schüler, Samuel Kamaka, gründete 1916 seine eigene Werkstatt. Heute ist Kamaka einer der renommiertesten Ukulelehersteller der Welt.

Von der Machete zur Ukulele

Was macht die Ukulele so besonders? Sie vereint das Beste aus zwei traditionellen portugiesischen Instrumenten:

Die Machete (auch Braguinha genannt):

  • Ein kompaktes, viersaitiges Instrument
  • Traditionell in D-G-B-D gestimmt
  • Leicht zu transportieren und ideal zum Singen

Der Rajão:

  • Etwas größer mit fünf Saiten
  • Gestimmt in D-G-C-E-A
  • Bekannt für seinen vollen, warmen Klang

Die Ukulele übernahm die handliche Größe der Machete, kombinierte sie aber mit Elementen des Rajão für einen volleren Klang. Die heute übliche G-C-E-A Stimmung wurde von den vier höchsten Saiten des Rajão inspiriert.

Woher kommt eigentlich der Name?

Lustigerweise existierte das Wort “Ukulele” schon vor dem Instrument - es bedeutete “Katzenfloh”! Um 1900 schrieb Jack London, dass der Name von den flinken Fingerbewegungen der Spieler kommt, die wie springende Flöhe über die Saiten “hüpfen”. Andere übersetzen es als “das Geschenk, das kam”. Je tiefer man gräbt, desto mehr Erklärungen findet man.

Der Siegeszug der Ukulele

Die Geschichte der Ukulele ist auch eine Geschichte des kulturellen Widerstands. Als Hawaii mit der amerikanischen Annexion konfrontiert war, wurde das Spielen der Ukulele aus heimischem Koa-Holz zu einem Symbol des patriotischen Stolzes. Die Hawaiianer demonstrierten durch ihr Spiel ihre “Aloha Aina” - ihre tiefe Liebe zum Land.

Einen besonderen Platz in der Geschichte nimmt König David Kalakaua ein, Hawaiis letzter Monarch. Er und seine Familie waren nicht nur begeisterte Musikliebhaber, sondern aktive Förderer der Ukulele. Seine Schwester, die spätere Königin Lili’uokalani, komponierte sogar “Aloha Oe” - eines der heiligsten hawaiianischen Lieder. König Kalakaua lernte selbst Ukulele zu spielen und machte sie zum festen Bestandteil royaler Veranstaltungen.

Die Ukulele wurde mehr als nur ein Instrument - sie wurde zum Botschafter der hawaiianischen Kultur.

Der große Durchbruch kam in den frühen 1900er Jahren, als hawaiianische Musiker begannen, auf Weltausstellungen und in Vaudeville-Shows aufzutreten. Ein Schlüsselmoment war die Panama-Pacific International Exposition 1915 in San Francisco. Hier verzauberte die Ukulele zum ersten Mal ein Massenpublikum auf dem amerikanischen Festland. Die exotischen Klänge und der unverwechselbare Charme des Instruments fesselten die Zuhörer.

Die steigende Nachfrage führte zu einer regelrechten Ukulele-Industrie. Amerikanische Hersteller wie Harmony und Regal begannen mit der Massenproduktion erschwinglicher Modelle. Diese waren zwar qualitativ nicht mit den handgefertigten hawaiianischen Instrumenten zu vergleichen, machten die Ukulele aber für jedermann zugänglich.

Die faszinierende Geschichte der Ukulele zeigt uns, wie ein kleines Instrument große kulturelle Bedeutung erlangen kann. Von den bescheidenen Anfängen als Immigrant aus Madeira entwickelte sich die Ukulele zu einem Symbol hawaiianischer Identität und schließlich zu einem globalen Phänomen. Auf meiner Reise durch Portugal habe ich die Wurzeln dieses besonderen Instruments erkundet, aber seine wahre Magie liegt in der Art und Weise, wie es auch heute noch Menschen auf der ganzen Welt zusammenbringt.

Wenn ihr das nächste Mal eure Ukulele in die Hand nehmt, denkt daran: Ihr haltet nicht nur ein Musikinstrument in den Händen, sondern ein Stück lebendiger Kulturgeschichte, das von Mut, Widerstand und der verbindenden Kraft der Musik erzählt.

Titelfoto: Hawaiians - Hula Dancers: Edgeworth, L. E. (1868-1931) (Digital Archives of Hawai’i, Reference: PP-33-4-019)

Veröffentlicht am: 1.11.2024